Pharmaindustrie
Dieser Artikel stammt (evtl. teilweise) von Rudolph Bauer. Ähnliche Artikel enthält auch sein Buch "Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus".
Gesamtheit der weltweit tätigen Unternehmen, die Arzneimittel der Human- und Tiermedizin als Originalpräparate oder (nach Ablauf des Patentschutzes) als Generika herstellen und vertreiben bzw. neue Wirkstoffe erforschen und entwickeln.
Zu den großen globalen Firmen der Pharmaindustrie gehören in Deutschland Bayer AG, Boehringer Ingelheim, Merck und Fresenius; in der Schweiz Hoffmann-La Roche und Novartis; in den USA u. a. Pfizer, MSD, Johnson & Johnson, Eli Lilly und Abott Laboratories.
Die Unternehmen sind in lobbystarken Interessenverbänden (siehe Lobbyarbeit) organisiert, in Deutschland u. a. im Bundesverband der Arzneimittelhersteller (DAH), im Verband der Chemischen Industrie, im Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und im Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA).
Am geschichtlichen Beispiel der Bayer AG lässt sich die Entwicklung der deutschen Pharmaindustrie und ihre Expansion auf andere Bereiche exemplarisch aufzeigen: 1904 wurde eine Interessengemeinschaft (I. G.) aus Bayer, BASF und Agfa gegründet, und es entstanden Tochtergesellschaften in Frankreich, Großbritannien, Belgien, Russland und den USA. Während des Ersten Weltkriegs verlagerte sich die Produktion auf die Herstellung von Kautschuk, Sprengstoff und Giftgas, und in den 1920er Jahren erfolgte der Konzern-Zusammenschluss I.G. Farben, der im Nationalsozialismus als „kriegswichtig“ eingestuft wurde, für die Kriegswirtschaft Material wie Öl- und Schmierstoffe, Kautschuk sowie verschiedene Gase produzierte und auf billige Zwangs- und Fremdarbeiter zurückgreifen konnte.
Nach dem Krieg wurde die I.G. Farben in zwölf Unternehmensteile aufgegliedert, darunter auch die Firma „Farbenfabriken Bayer Aktiengesellschaft“. Bereits vier Jahre nach Kriegsende wurden von Bayer wieder erste Auslandsverbindungen geknüpft. 1952 wurden neue Großproduktionen eingeführt, u. a. die Herstellung von Penicillin sowie eines Mittels gegen Tuberkulose. 1953 folgte das Neuroleptikum Chlorpromazin.
In den anschließenden Jahrzehnten folgte eine erneut steile Aufwärtsentwicklung, die es Bayer erlaubte, im Jahr 2016 durch den Kauf des US-Konzerns Monsanto zu einem Preis von 66 Milliarden US-Dollar (60 Milliarden Euro) die bislang größte Übernahme durch einen deutschen Konzern im Ausland zu tätigen. Gleichzeitig wurde Bayer das weltweit führende Unternehmen im Agrarchemiegeschäft mit Einwilligung der Kartellbehörden. Die Zustimmung durch die EU-Kommission erfolgte 2018 unter Auflagen: Fast das gesamte weltweite Geschäft für Saatgut und agronomische Merkmale musste einschließlich der Forschung an die BASF veräußert werden; ferner wurden das Gemüsesaatgutgeschäft, das Geschäft mit einem Pflanzenschutzmittel sowie drei wichtige Forschungsprogramme für Breitbandunkrautvernichtungsmittel an BASF ausgelagert. Siehe Lebensmittelsicherheit.