Szientismus
Dieser Artikel stammt (evtl. teilweise) von Rudolph Bauer. Ähnliche Artikel enthält auch sein Buch "Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus".
Neureligion der Religionsgegner, Ideologie der Ideologieverächter: Der Szientismus erklärt Aussagen, die sich nicht unter Anwendung von (natur-)wissenschaftlichen Methoden begründen lassen – z. B. Aussagen in den Themengebieten Religion und Spiritualität – als sinnlos und verwerflich.
Der Szientismus vertritt die Auffassung, dass es weder etwas außerhalb des Gegenstandbereichs der Wissenschaft gebe, noch einen Bereich menschlicher Aktivität, auf den sich wissenschaftliche Erkenntnis nicht erfolgreich anwenden lasse. Deshalb fordert er, in nahezu allen gesellschaftlichen Teilbereichen wissenschaftliche Methoden anzuwenden, nicht zuletzt im Bereich der Politik.
Auf der Basis der szientistischen Grundhaltung hat sich eine Fetischisierung der Wissenschaft und wissenschaftlicher Methoden etabliert – nicht nur seitens der Wissenschaftler selbst, sondern ebenso auf Seiten der Medien und der Politik (wo Entscheidungen gegen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung gerne wissenschaftlich ‚untermauert‘ werden).
Grundsätzlich wird zu wenig beachtet, dass Wissenschaft und Forschung längst zu einem Feld der Kommerzialisierung geworden sind. Oft sind sie einzelnen Wirtschaftsunternehmen angegliedert. An den Hochschulen werden sie in zunehmendem Maße Drittmittel-finanziert, und die Relevanz ihrer Ergebnisse unterliegt wirtschaftlichen und politischen Einflüssen sowie nicht zuletzt der medialen Resonanz.
Im Dritten Reich hatte Wissenschaft eine vergleichbare Funktion; Historiker-Konsens besteht in der Erkenntnis, dass Politik und Wissenschaft auch im Nationalsozialismus als „Ressourcen für einander" (Mitchell G. Ash) anzusehen sind (vgl. Orth 2019).
Siehe auch
- Biopolitik
- Corona
- Flatten the Curve
- Klimapolitik)
- Biologisierung
- Impfgegner
- Superspreader
- Milgram-Experiment
- Skeptiker
Literatur
- Orth, Karin: Neue Forschungen zur NS-Wissenschaftspolitik. In: Neue Politische Literatur 64, 2019: 180–182