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Verbunddatei zum Rechtsextremismus

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Dieser Artikel stammt (evtl. teilweise) von Rudolph Bauer. Ähnliche Artikel enthält auch sein Buch "Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus".

Verbunddatei (Rechtsextremismus), oder: Rechtsextremismusdatei (RED)

„Neusprech … ‚Datei‘ ist ein Kofferwort aus ‚Daten‘ und ‚Kartei‘, erfunden vom Deutschen Institut für Normung, um eine Sammlung zusammengehörender digitaler Daten zu beschreiben. ‚Verbund‘ immerhin gibt einen zarten Hinweis auf die Struktur der Angelegenheit und deutet an, dass hier etwas verknüpft wird. Eine Datei also, die aus verschiedenen Daten besteht? …

Die ‚Verbunddatei (Rechtsextremismus)‘ entsteht, indem in Datenbeständen diverser staatlicher Stellen nicht näher bezeichnete Informationen gesucht werden, die auf rechtsextreme Gefährder hindeuten. Diese Informationen werden dann samt den Namen der Betreffenden und ihrer ‚Kontaktpersonen‘ in einer ‚gemeinsamen standardisierten zentralen Datei gespeichert‘ … Es ist somit eine Sammlung einer unbekannten Menge von Informationen über eine unbekannte Anzahl von Menschen. … der Wunsch nach Verschleierung war wohl nicht Ursache der seltsamen Namensgebung. Eher der Versuch, das Ding irgendwie knackig zu benennen. … Es scheint hierzulande eine gewisse Lust daran zu existieren, mit Worten um sich zu werfen, die der Allgemeinheit nicht vertraut sind. … ‚Verbunddatei (Rechtsextremismus)‘ ist einfach nur Stümperdeutsch. Es erklärt nichts. Die Idee dahinter kann man selbstverständlich trotzdem gut finden. Man kann aber auch fragen, ob da nicht eine ‚Verdächtigungsdatenbank (Rechtsextremismus)‘ entsteht, die nach geheimen Kriterien sortiert ist und für einen unklaren Zweck gebaut wurde.“ (Biermann/Haase 2013: 189)

Die rechtliche Grundlage für die Datei bildet das im August 2012 in Kraft getretene und zuletzt im Juni 2020 geänderte „Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen Datei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern zur Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus“, kurz: Rechtsextremismus-Datei-Gesetz (RED-G). Das Gesetz legitimiert die Verletzung der demokratischen Grundrechte des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses und der Unverletzlichkeit der Wohnung.

Am Zustandekommen der Mammutdatei beteiligt sind die Behörden des Bundeskriminalamts (BKA), der zuständigen Bundespolizei, die Landeskriminalämter (siehe Kriminalpolizei), die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sowie der Militärische Abschirmdienst (MAD).

Besonders paradox ist die Tatsache, dass sich das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus auf modernisiert digitale Weise exakt jener Methoden bedient, die in gleicher Weise im Nationalsozialismus gegolten haben, um sog. Staatsfeinde des totalitären Rechtsextremismus zu ermitteln und zu überwachen – frei nach dem Motto von der Austreibung des Teufels mit Beelzebub.

Literatur

  • Biermann, Kai / Martin Haase: Sprachlügen. Unworte und Neusprech von ‚Atomruine‘ bis ‚zeitnah‘. Frankfurt am Main 2013