Delegitimierung
Dieser Artikel übernimmt Inhalte von Bauer, Rudolph: "Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus"
Auch: Delegitimation
Obrigkeitsstaatlicher Selbstschutz, indem das Infragestellen der Rechtmäßigkeit von Personen, Institutionen, Vorschriften und Handlungen verfolgt wird. Der Verfassungsschutz (BfV) bezieht das Infragestellen (1.) auf „den Staat“ („verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“). (2.) Wer gegen Entscheidungen und Maßnahmen der Regierung demonstriert, kann als „Staatsdelegitimierer“ in den Fokus des Verfassungsschutzes geraten. (3.) Die Kritik an Politikern (Robert Habeck, der ‚Ruinator‘“) soll nach Innenministerin Faeser und Familienministerin Paus gleicherweise als „Delegitimation des Staates“ verleumdet und bestraft werden. – Der Verfassungsrechtler Franz Lindner nennt den Begriff „unbestimmt“ und „schwammig“. In akademischer Zurückhaltung spricht der Augsburger Uni-Professor von der Gefahr, „dass bereits pointierte, vielleicht auch überspitzte Kritik an Politik, Staat und Regierung als Delegitimierung begriffen würde und damit möglicherweise unzulässig wäre oder ein Fall für den Verfassungsschutz“.
Dem Staat und der Regierung komme „keine Deutungshoheit über den Begriff zu“. (Zit. in DW 173: 9) – Die ‚Erfindung‘ und Skandalisierung des ‚Delikts‘ der Delegitimierung des Staates lässt sich einerseits als eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des Geheimdienstes interpretieren, der sich damit zugleich den Regierenden andient. Andererseits steht der Gedanke der Staats-Delegitimierung in der Tradition nationalsozialistischer Verordnungen und Gesetze, z. B. des Heimtückegesetzes („Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen“ vom 20. Dezember 1934). Das Gesetz schränkte das Recht auf freie Meinungsäußerung ein und kriminalisierte alle kritischen Ansichten, die angeblich das Wohl des Reiches, das Ansehen der Reichsregierung oder der NSDAP schädigten.