Mitarbeit willkommen! Bitte schau unter Hilfe:Benutzerkonto oder informiere Dich über Populus.Wiki.

Transformation

Aus Populus DE
Zur Navigation springenZur Suche springen

Dieser Artikel stammt (evtl. teilweise) von Rudolph Bauer. Ähnliche Artikel enthält auch sein Buch "Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus".

Unverdächtiger, weil inhaltsleerer Chamäleon-Begriff, der als solcher nicht zu erkennen gibt, in welcher Absicht, mit welchen Methoden und zu welchem wahren Zweck eine Umformung (lat.: transformatio) erfolgt.

In der deutschen Politik wurde das Schlagwort zunächst nach 1989 verwendet, um den gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen auf dem Territorium der ehemaligen DDR nach deren Eingliederung in den Geltungsbereich des Grundgesetzes einen neutralen Namen und fortschrittlichen Anstrich zu geben (siehe Treuhand). Später, ab dem Jahr 2011, bediente sich der WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen) des Begriffs im Rahmen der Thematisierung des Umweltschutzes und der Klimapolitik (man beachte die in der Themenstellung angelegte Verwischung des Unterschieds von Umwelt und Klima; siehe Sprachverwirrung).

Der Beirat forderte die Umstellung der „energetischen Grundlagen“ von Gesellschaft und Wirtschaft auf „erneuerbare Energien“ (siehe Grüne Energie) zwecks Dekarbonisierung. Ziel sollte es sein, die vorherige „fossilnukleare“ Wirtschaftsweise zu „überwinden“. Transformation bezeichnete hier den staatlich gelenkten und subventionierten Umbau der bisherigen kapitalistischen Industrie-Ökonomie in Richtung eines (nicht weniger kapitalistischen) Wirtschaftssystems „klimaneutraler“ Produktion.

In Heft 11/2024 der Zeitschrift „Forschung & Lehre“ wird im Zusammenhang des Schwerpunktthemas „Transformation“ jene bunte Stichwort-Palette präsentiert, die für die Debatte typisch ist; die Rede ist von „Klimaneutralität“, „Energiewende“, „Defossilisierung des heimischen Energiesystems“, von „Nachhaltigkeit, … Klimawandel, Biodiversität und zirkuläre(r) Wirtschaft“ sowie von „ökosozialer Transformation“ (siehe Ökologie). Sämtliche dieser mit dem Begriff Transformation verbundenen Topoi erschweren den kritisch-analytischen Blick auf die Wiederkehr korporatistischer Strukturen im Verhältnis von Staat und Wirtschaft, wie sie schon für den klassischen Faschismus charakteristisch waren (siehe Korporatismus und Governance).

Die (Propaganda-)Rede des WGBU und der Regierung prophezeien ein „grünes Wachstumswunder“. Von dessen Eintreten sind – um Beispiele zu nennen – auch der BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie), das Institut der deutschen Wirtschaft / IW und die US-amerikanische Unternehmensberatung BCG (Boston Consulting Group) überzeugt – vorausgesetzt, der Staat (sprich: dessen Steuerpflichtige) übernimmt ein Drittel des für die Zeit bis 2030 mit 1,4 Billionen Euro veranschlagten Investitionsbedarfes (vgl. Löhr 2024).

Davon entfallen laut Schätzung 410 Milliarden Euro auf den Umbau der Energieversorgung, 173 Milliarden Euro auf die „Stärkung der Nachfrage nach grünen Produkten wie Elektroautos und Wärmepumpen“ sowie 164 Milliarden auf die Verbesserung der Infrastruktur.

Der „Strukturwandel per Termin“ (IW-Direktor Michael Hüther) habe sich an den zeitlichen Zielmarken für CO2-Neutralität (siehe Kohlenstoffdioxyd) zu orientieren: 2045 in Deutschland, 2050 in der EU.

Ein Vorläufer des heute als Transformation verkleideten Korporatismus-Konzepts war in der Nachkriegs-Bundesrepublik das CDU-Programm der Formierten Gesellschaft. Es wurde in den 1960er Jahren von Ludwig Erhard (1897-1977) propagiert, einem NS-Gutachter in Wirtschaftsfragen und in der frühen Bundesrepublik Wirtschaftsminister (1949-1963) und Kanzler (1963-1965).

Erhards Programm einer Formierten Gesellschaft hatte die Unterordnung sämtlicher Einzelinteressen unter ein kollektives „Gemeinwohl“ zum Ziel; die gesellschaftliche Ordnung sollte „frei“ sein von Interessenkämpfen. In einer Rede definierte Erhard den Begriff wie folgt: Die formierte Gesellschaft bestehe „nicht mehr aus Klassen und Gruppen, die einander ausschließende Ziele durchsetzen wollen“, sondern sie sei „ihrem Wesen nach kooperativ …, das heißt, dass sie auf dem Zusammenwirken aller Gruppen und Interessen beruht.“

Das Konzept scheiterte damals u. a. am Widerstand der Gewerkschaften und an einer außerparlamentarischen Opposition, die aufgrund der zeitlichen Nähe zum Nationalsozialismus sensibel genug war, die Wiederkehr der totalitären Elemente einer (uni-)formierten Gesellschaft zu erkennen. Der heute verwendete Begriff Transformation umgeht die Assoziation des NS-Totalitarismus und verbirgt diese unter dem propagandistischen Vorwand der globalen Rettung (siehe UN) – der Rettung des Klimas, der Rettung der Umwelt, generell der Rettung des Planeten.