Transhumanismus
Dieser Artikel stammt (evtl. teilweise) von Rudolph Bauer. Ähnliche Artikel enthält auch sein Buch "Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus".
Begriffskauderwelsch, welches als solches zu benennen denunziatorischen Widerspruch auslöst (siehe Sprachverwirrung).
Zunächst: Der Begriff Humanismus hat eine historische und eine systematische Bedeutung. Historisch benennt er „eine in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts von Italien ausgehende literarisch-philosophische Bildungsbewegung, die sich bis ins 16. Jahrhundert erstreckt“ (Mittelstraß 1984: 137). Die historische Bedeutungen kann zum Verständnis des Begriffs Transhumanismus wenig beitragen, weil das Attribut „trans“ (lat.: jenseits, über, hinaus) im Zusammenhang des geschichtlichen Humanismus wenig Sinn macht. Systematisch bezeichnet Humanismus „das Bemühen um eine menschenwürdige Lebens- und Gesellschaftsgestaltung“ (ebd.).
Wenn der Begriff Transhumanismus sich auf die systematische Bedeutung des Humanismus-Begriffs bezieht, bezeichnet er folglich Denk- und Handlungsweisen, die jenseits des „Bemühen(s) um eine menschenwürdige Lebens- und Gesellschaftsgestaltung“ angesiedelt sind. Zu klären ist, was mit „jenseits“ solchen Bemühens gemeint sei. Die transhumanistische Literatur (und Ideologie) beantwortet diese Frage mit dem Versprechen, dergestalt über den Humanismus hinauszugehen, dass die Grenzen menschlicher Möglichkeiten überschritten und erweitert werden (vgl. Loh 2019; FIfF-Kommunikation 2016; Brockmann 2004). Aber wohin, was soll damit bezweckt werden? Der Biologe und Eugenik-Verfechter Julian Huxley (vgl. Ders. 1957) beantwortet die Frage wie folgt:
„Die menschliche Spezies kann, wenn sie es möchte, über sich selbst hinauswachsen – nicht nur sporadisch, ein Einzelner mal so, ein anderer mal so, sondern als Ganzes, als Menschheit. Wir brauchen einen Namen für diesen neuen Glauben. Vielleicht passt Transhumanismus ganz gut: Mensch, der Mensch bleibt, aber sich selbst, durch Verwirklichung neuer Möglichkeiten von seiner und für seine menschliche Natur, überwindet.“
Den „neuen Glauben“ (!) gründen die Anhänger des Transhumanismus auf die technologischen Möglichkeiten, die sich aus der Digitalisierung bzw. der Gen- und Biotechnik ergeben. Sie schwärmen von „Gehirn-Computer-Schnittstellen“, vom „Hochladen menschlichen Bewusstseins in digitale Speicher“ sowie von der Entwicklung einer „Superintelligenz“ und der Möglichkeit der über den Tod hinausreichenden Konservierung von Organismen wie dem Gehirn (Kryonik). Klaus Schwab erwähnt im Anhang zu seiner WEF-Schrift „Die Vierte Industrielle Revolution“ (vgl. 2016: 171-228) die folgenden „Umwälzungen“ und „tiefgreifenden Veränderungen“, die er bis zum „Wendepunkt“-Jahr 2025 erwartet: Implantierbare Technologien (z. B. ein implantierbares Mobiltelefon), den 3-D-Druck menschlicher Organe, Designer-Organismen (mittels der Sequenzierung des menschlichen Genoms) und den neurotechnologischen Einbau eines künstlichen Gedächtnisses in das menschliche Gehirn.
Was es für den einzelnen Menschen und die Menschheit insgesamt bedeutet, wenn sich die Praxis des Transhumanismus über die systematische Bedeutung des Humanismus-Begriffs hinaus entwickelt und wenn der damit erkennbare „Fortschritt“ einen neuen Grad der Inhumanität und Barbarei zur Folge hat (Stichworte: Neue Weltordnung, Satanismus, Sozialdarwinismus), das ist – zur Warnung – aus den Schrecken der medizinischen Versuchsanordnungen und tödlichen Menschenexperimente in der Zeit des Nationalsozialismus ersichtlich. Dass diese Parallele naheliegt (vgl. Elmer 2022), zeigt z. B. folgendes wirre Zitat aus Wikipedia:
„Der Transhumanismus wurde zunehmend von demokratiefeindlichen Bewegungen als gemeinsames Feindbild vereinnahmt. Diese Bewegungen reichen von Putinverstehern über radikale Impfgegner bis hin zu christlichen Fundamentalisten. Kritiker behaupten, dass unsinnige Thesen oft auf bewusster Ignoranz beruhen und dass Begriffe wie ‚Putinversteher‘ oder ‚Verschwörungstheoretiker‘ dazu dienen, legitime Kritik zu diffamieren. Politikwissenschaftler wie Markus Linden (Autor des Zentrum Liberale Moderne; R. B.) weisen darauf hin, dass Putin in seinen Reden gegen den sogenannten ‚liberal-globalistischen amerikanischen Egozentrismus‘ und die Cancel Culture argumentiert, was auf Parallelen zur Agitation in alternativen Medien hinweist. Diese Diskurse finden auch auf Plattformen wie den Nachdenkseiten, Rubikon und Compact statt, wo sie als Analysen des westlichen Demokratieverfalls präsentiert werden. Die propagandistische Nutzung des Transhumanismus-Begriffs dient dazu, eine umfassende Gegenerzählung zu schaffen, die rechtextreme, theokratische und liberale Gegner vereint. So wird der Transhumanismus als Bedrohung für traditionelle Werte und die menschliche Natur dargestellt.“[1]
Fazit: Übelste Denunziation ist die irrationale Fake-Antwort der Transhumanismus-Fans auf Kritik an ihren bunt-totalitären Größenwahn- und Vernichtungsphantasien. Siehe Bunter Totalitarismus.
Weblinks
- 8.3.2020, Future Histories Podcast (YT): S01E23 - Max F. J. Schnetker zu transhumanistischer Mythologie
- 23.6.2022, RTDE: Der Transhumanismus als menschenverachtende neoliberale Religion 🛈
- Juni 2025, Magma-Magazin: Den Transhumanismus auf den Boden der Tatsachen zurückholen (Teil 1)
Literatur
- https://unrast-verlag.de/produkt/transhumanistische-mythologie/
- Brockmann, John: Die neuen Humanisten. Wissenschaft an der Grenze. Berlin 2004
- Elmer, Simon: The Road to Fascism: For a Critique of the Global Biosecurity State. London 2022
- FIfF Kommunikation 2/2016 (Juni 2016), Schwerpunktheft „Transhumanismus“
- Huxley, Julian: New Bottles for New Wine. London 1957
- Loh, Janina: Trans- und Posthumanismus. Zur Einführung. Hamburg 2019
- Mittelstraß, Jürgen (Hrsg): Enzyklopädie Wissenschaft und Wissenschaftstheorie. Band 2: H-O. Mannheim, Wien, Zürich 1984