Mitarbeit willkommen! Bitte schau unter Hilfe:Benutzerkonto oder informiere Dich über Populus.Wiki.

Verschwörungstheorie

Aus Populus DE
Zur Navigation springenZur Suche springen

Dieser Artikel stammt (evtl. teilweise) von Rudolph Bauer. Ähnliche Artikel enthält auch sein Buch "Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus".

auch: Verschwörungsnarrativ, -erzählung

Mehrdeutig:

  1. Hypothese (aber keine Theorie!), die davon ausgeht, dass sich bestimmte Erscheinungen gesellschaftlicher, politischer, militärischer oder ökonomischer Art nicht vollständig beweisen lassen, sondern nur unter Bezug auf Annahmen und Vermutungen erklärbar sind. Die Gültigkeit entsprechender Aussagen lässt sich aufgrund von Geheimhaltung (siehe Rockefeller-Familienarchive) oder aus anderen Gründen der Unerforschbarkeit empirisch nicht oder nicht mit Sicherheit nachweisen. Die Hypothese einer Verschwörung ist daher auch nicht grundsätzlich widerlegbar.
  2. Theorie (keine Hypothese!), die aus der nachträglichen Aufdeckung von geheim gehaltenen Vorgängen und Absprachen resultiert. Beispiele: die Veröffentlichungen von WikiLeaks, die Aufdeckung von Gladio, die nicht geschwärzten RKI-Protokolle oder die Durchleuchtung historischer Intrigen (vgl. Utz 1997).
  3. Kampf- und „Diffamierungsbegriff, Etikettierung als nicht diskussionswürdig zwecks Vermeidung von inhaltlicher wissensbasierter Auseinandersetzung.“ (Burchardt/Ebel 2019: 36) Generalisierende Unterstellung eines vorurteilsbehafteten („staatsdelegitimierenden“) Meinungskonstrukts, mit welchem Kritiker der Grundrechte-Einschränkungen während der Corona-Kampagne diffamiert wurden.
  4. „Regressives Geschichtsbild der falschen Konkretheit. … Ihre besondere Gefährlichkeit liegt in dem Körnchen Wahrheit, das in diesem Geschichtsbild enthalten ist“ (Neumann 67: 284).
  5. Anspielung auf die antisemitische Hetze der Weimarer und NS-Zeit, als vor einer „jüdischen (bzw. jüdisch-bolschewistischen) Weltverschwörung“ gewarnt wurde. Aufgrund der semantischen Verbindung mit dem rassistischen Antisemitismus (und dem faschistischen Antikommunismus) unterstellt das Attribut „verschwörungstheoretisch“ die Zustimmung der so Etikettierten zur retrofaschistischen Ideologie.

Die Verwendung des Begriffs im Zusammenhang der letztgenannten Bedeutung ist ein Beispiel für die scheinbare sprachliche Abgrenzung vom ‚braunen Totalitarismus‘ (siehe Retrofaschismus), um von dessen ‚bunter‘ Renaissance (siehe Bunter Totalitarismus) abzulenken. Siehe Sprachverwirrung.

siehe Auch

Weblinks

Literatur

  • Neumann, Franz: Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933-1944. Köln, Frankfurt am Main 1977
  • Ders.: Demokratischer und autoritärer Staat. Studien zur politischen Theorie. Frankfurt am Main 1967
  • Utz, Richard: Soziologie der Intrige. Der geheime Streit in der Triade, empirisch untersucht an drei historischen Fällen. Berlin 1997